Durch das Fraunhofer IAO Projekt LamA® – Laden am Arbeitsplatz soll Mobilität zukunftssicher, effizienterund kostengünstiger werden. Die Ladeinfrastruktur wird netzdienlich aufgebaut, das bedeutet, dass die neuen Ladepunkte intelligent in die vorhandene Energiestruktur integriert werden, ohne sie zu überlasten. Ziel des Projektes ist es, eine umweltverträgliche Weiterentwicklung betrieblicher Mobilitätsoptionen und die Mobilität der Mitarbeitenden zu fördern. Im Interview verrät Felix Tröscher, Projektleiter Aufbau und Betrieb Ladeinfrastruktur beim Fraunhofer IAO Details zum Projekt und zur Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz allgemein.
Um was genau geht es bei dem LamA®-Projekt des Fraunhofer IAO?
Felix Tröscher: LamA® – also Laden am Arbeitsplatz – beinhaltet zum einen das Thema Aufbau von Ladeinfrastruktur an Standorten mit besonders schlechten Stickstoffdioxidwerten, zum anderen die Forschung an dieser Ladeinfrastruktur. Durch verschiedene Forschungsaspekte, die wir in den letzten vier bis fünf Jahren erarbeitet haben, wollen wir einen wissenschaftlichen Mehrwert daraus generieren.
Welche Mehrwerte haben sich daraus für Unternehmen ergeben?
Eine ganz zentrale Komponente ist der Bereich Transfer. An jedem Standort, an dem Ladeinfrastruktur aufgebaut wird, führen wir unsere Transferveranstaltungen durch. Hier zeigen wir potentiellen interessierten mittelständischen Unternehmen unsere Erkenntnisse auf und laden auch Unternehmen ein, die bereits eine Ladeinfrastruktur aufgebaut haben und ihre Erfahrungen weitergeben können. Das Feedback ist seitens der Besucher sehr positiv, auch wir profitieren von den Erfahrungen der Unternehmen und können so das Projekt stetig weiterentwickeln.
Wie wird das Projekt innerhalb des Forschungsinstituts angenommen? Werden die Parkplätze wirklich genutzt oder musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden?
Es wird an unseren Standorten sehr gut angenommen, unter anderem durch das attraktive Preismodell. Selbst Mitarbeitende, die zu Hause laden könnten, bevorzugen das Laden am Arbeitsplatz wegen des besseren Stromtarifs.
Konnten Sie feststellen, dass sich mehr Mitarbeiter ein Elektroauto zugelegt haben seitdem die Ladeinfrastruktur auf Ihren Parkplätzen aufgebaut wurde? Sehen Sie einen jahreszeitlichen Unterschied bei der Nutzung?
Definitiv gibt es im Vergleich zur der Zeit aus dem Projektanfang mehr E-Fahrzeuge, jedoch ist es schwierig zu gewichten, wie viel Einfluss wir mit dem Aufbau der Ladeinfrastruktur genommen haben. Ich bin mir aber sicher, dass wir zumindest einen Beitrag dazu leisten, dass ein Umdenken im Kopf hinsichtlich der E-Mobilität stattfindet.
Wie viele Ladestationen sind in Betrieb und welche Ladeleistungen werden angeboten?
Wir haben aktuell rund 400 Ladepunkte. Davon sind etwa 90% AC-Ladestationen mit 22 kW und 10% DC-Ladesäulen mit bis zu 150 kW.
Was passiert, wenn alle Ladestationen belegt sind?
Bisher ist es so, dass das Angebot den Bedarf deckt. Sollte das nicht mehr der Fall sein, werden wir korrektive Maßnahmen ergreifen. Aber zuerst wollten wir erreichen, dass sich eine Ladekultur etabliert, in der man sein Fahrzeug nicht wochenlang an einem Ladepunkt parkt. Einzig von unserem Hamburger Standort haben wir die Rückmeldung erhalten, dass es zu Ladeengpässen gekommen ist. Allerdings hat da ein externer Sharing-Anbieter das Ladeangebot etwas überstrapaziert und konstant durch seine Flottenfahrzeuge die Ladesäulen belegt. Das widerspricht ja dem Modell LamA® – Laden am Arbeitsplatz – das ja primär für Mitarbeitende und Dienstwagen des Unternehmens eingerichtet wurde.
Das Thema Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz ist auch für Arbeitgeber interessant. Was muss beim Aufbau beachtet werden? Welche Hindernisse oder Probleme kann es hier geben?
Die Kommunikation und Koordination zwischen den verschiedensten Stakeholdern ist ein ganz zentraler Punkt. Die verschiedenen Gewerke müssen ineinandergreifen, es muss aktiv auf sie zugegangen werden und sie müssen kontinuierlich durch diesen Prozess geführt werden. Das betrifft nicht nur die Kommunikation in Richtung der ausführenden Unternehmen für Erschließung, den Tiefbau oder die Elektroinstallationen. Auch die Einbindung des Betriebsrates, der Betriebsführung oder externen Dritten sollte von Beginn an berücksichtigt werden.
Welche Tipps haben Sie für Firmen, die sich an Sie wenden um eine Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz aufzubauen?
Macht nicht die Fehler, die andere schon gemacht haben. Mittlerweile gibt es viele Erfahrungswerte, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben und auf die zurückgegriffen werden kann. Ein konkretes Beispiel hierfür ist ein Parkhaus in Stuttgart. Hier haben wir einen DC-Lader installiert. Dieser stand vor dem Parkhaus, aber hinter der Schranke. Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass dieser Standort wenig Sinn macht, da er hier nicht allen zugänglich gemacht werden konnte. Mittlerweile steht er vor der Schranke. Das war unsere Korrekturmaßnahme, um die Auslastung zu erhöhen. Auch ein Beispiel des Lerneffekts: die Kabeltrassen eine Ebene tiefer zu legen, wie ebenfalls in einem Stuttgarter Parkhaus. Ebenso die Installation von 11 bzw. 22 kW Ladestationen anstelle der 3,7 kW.
Die Leistungssteigerung fällt eher unter den Aspekt „Gehen mit dem Markt“. Die Schuko Ladesäulen sind einfach nicht mehr üblich und auch aus energetischer Sicht macht es wenig Sinn über 230 Volt zu laden. Der Wirkungsgrad des Ladegeräts ist in diesem Bereich schlechter. Die AC-Lader zwischen 11 und 22 kW sind für den Use-Case: Morgens bei der Arbeit wird das Auto angestöpselt und abends vollgeladen mit nachhause genommen. Das funktioniert selbst bei einem EQS mit einer 107 kW Batterie. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei Bedarf auch eingeregelt werden kann. Wenn eine Lastspitze im Netz besteht, kann mit weniger Leistung geladen werden.
Welche einzelnen Schritte sind denn beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur besonders zu beachten, bzw. welche Punkte sind besonders wichtig?
Der Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge erfordert eine durchdachte Vorgehensweise. Zunächst ist es wichtig, den aktuellen Status Quo zu ermitteln, indem Standorte analysiert, geeignete Plätze für Ladestationen identifiziert und die vorhandene Stromversorgung überprüft werden. Anschließend folgt die detaillierte Projektplanung, bei der unter anderem die Anzahl und Art der Ladestationen festgelegt werden. Nach der Projektplanung müssen Genehmigungen von Behörden eingeholt werden, wie beispielsweise Bau- und Netzanschlussgenehmigungen. Der eigentliche Aufbau umfasst die Installation der Ladestationen gemäß den planerischen Vorgaben und technischen Anforderungen. Nach Abschluss des Aufbaus erfolgt die Inbetriebnahme mit Einrichtung von Zahlungs- und Abrechnungssystemen. Schließlich beginnt der laufende Betrieb, der auch Wartung, Überprüfungen und Kundenservice beinhaltet. Eine sorgfältige Planung, enge Zusammenarbeit mit Behörden, fachkundige Umsetzung und regelmäßige Wartung sind entscheidend für eine effiziente und zuverlässige Ladeinfrastruktur.
Das Projekt läuft demnächst aus. Gibt es eine konkrete Planung zur Weiterführung?
Das Förderprojekt über den DLR läuft zwar aus, aber die Idee LamA® bleibt weiterhin bestehen. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Fraunhofer Institute. Zum einen möchten wir natürlich die bisher aufgebaute Ladeinfrastruktur - das werden dann ungefähr 450 Ladepunkte sein- weiterbetreiben. Das ist eine klare Forderung der Institute und auch der Nutzenden, für die das Laden am Arbeitsplatz alltäglich geworden ist. Zum anderen möchten wir natürlich dafür sorgen, dass andere Forschungsinstitute, Kommunen oder Unternehmen von unserem Knowhow profitieren können, um das Thema Elektromobilität weiter voranzutreiben.
An welchen Punkten hakt es aus Ihrer Sicht noch, um den Teil der Menschen von der Elektromobilität zu überzeugen, die dieses Thema bisher skeptisch sehen?
Technisch gesehen ist in den letzten Jahren sehr viel passiert, das ist in den Köpfen der Menschen noch nicht so angekommen. Zum Beispiel hat sich die Reichweite der Fahrzeuge vergrößert und auch das Fahren im Winter ist mit einem Elektromobil mittlerweile kein Problem mehr. Für den Großteil der Fahrzeugnutzungsszenarien sind die aktuell am Markt verfügbaren Fahrzeuge also bestens geeignet. Allerdings ist die große Vision, dass wir uns in Deutschland alle elektrisch bewegen, nicht von heute auf morgen zu realisieren. Ein Fahrzeugpool von 50 Millionen Autos ist nicht so schnell austauschbar – auch wenn es mit anderen neuen Mobilitätskonzepten in der Zukunft wahrscheinlich gar nicht mehr einen so großen Pool an Fahrzeugen bedarf. Prinzipiell sind die Weichen in die richtige Richtung aber gestellt und wir müssen diesen Weg vom Verbrenner zu Elektro gehen und parallel die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür schaffen. Dazu gehört neben dem Aufbau der Ladeinfrastruktur auch die Frage woher wir den Strom dafür beziehen und über welche Leitungen der Strom kommt.