Elektroautos sind mehr als nur Fortbewegungsmittel – sie können auch als Stromquelle dienen.
In diesem Interview mit electrive erklärt Frank Spennemann von Mercedes-Benz, wie bidirektionales Laden funktioniert, welche Vorteile es hat und welche Herausforderungen noch bestehen.
Das Interview wurde von Carla Westerheide, electrive, geführt.
Dr. Frank Spennemann (Mercedes-Benz Mobility AG): Diese Frage wird sich wahrscheinlich in den nächsten 5 bis 10 Jahren klären. Momentan gibt es sowohl AC- als auch DC-basiertes bidirektionales Laden. Rund 80 % der Hersteller setzen aktuell auf DC, da es einige technische Vorteile bietet. Es ist einfacher sich mit dem Stromnetz zu verbinden. Wenn Energie ins Netz eingespeist wird, müssen bestimmte Netzvorgaben („Grid Codes“) eingehalten werden, die vom Netzbetreiber festgelegt sind.
Bei DC übernimmt die Wallbox die Netzkonformität. Bei AC muss diese zwischen Auto und Wallbox aufgeteilt werden, was komplexer ist. Einige Länder definieren noch, wie AC-basiertes bidirektionales Laden funktionieren soll. Mein Gefühl sagt mir, dass wir zunächst mehr DC-Lösungen sehen werden.
Mercedes-Benz bietet bereits seit mehreren Jahren bidirektional-fähige Fahrzeuge in Japan an, da dort ein klarer Standard (CHAdeMO) existiert. Alle EQ-Modelle (EQE, EQS, EQB, EQA) in Japan unterstützen bidirektionales Laden.
Wir sind überzeugt, dass Interoperabilität entscheidend ist – bidirektionales Laden muss auf einem Standard basieren. Der relevante Standard ist ISO 15118-20, der vor etwa 1,5 Jahren veröffentlicht wurde. Alle Automobil- und Wallboxhersteller arbeiten an der Umsetzung, und wir tun dasselbe. Unsere nächste Generation von Elektrofahrzeugen wird bidirektionales Laden unterstützen.
Wie bereits erwähnt, planen wir die Einführung mit der nächsten Generation unserer Fahrzeuge – und sobald diese auf den Markt kommen, werden sie bidirektionales Laden ermöglichen.
Als Automobilhersteller sehen wir enormes Potenzial im bidirektionalen Laden, daher setzen wir auf diese Technologie. Der Mehrwert ist dreifach:
1. Energieunabhängigkeit & Notstromversorgung:
2. Finanzielle Vorteile durch V2G:
3. Unterstützung der Energiewende:
Das Wichtigste ist, dass es ein attraktives Produkt für den Kunden geben muss. Dazu gehört vor allem ein klarer finanzieller Vorteil.
Regulatorische Herausforderungen: In Deutschland gibt es eine sogenannte doppelte Besteuerung – wenn Energie im Auto gespeichert und später wieder ins Netz eingespeist wird, fällt zweimal eine Abgabe an. Dies macht das bidirektionale Laden finanziell unattraktiv und muss dringend überarbeitet werden.