Endlich erreicht die Photovoltaik im Gewerbebereich in Deutschland mehr Zubau – im Juli 2024 legten die Anlagensegmente von 30 bis 100 Kilowatt gegenüber dem Vorjahr neun Prozent, von 200 Kilowatt bis 1 Megawatt sogar um knapp 26 Prozent zu. Wohin geht die Entwicklung und was sind die Treiber für den Zubau in genau diesem Segment?
Darüber sprachen wir auf der Intersolar Europe Conference 2024, auf der PV im Gewerbe eines der Konferenzthemen war, mit Dirk Haft, Geschäftsführer bei IBC SOLAR.
Es gibt alleine in Deutschland 900.000 kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), von denen schätzungsweise 20 Prozent momentan eine PV-Lösung haben. Es verbleiben 80 Prozent von 900.000 – das sind viele Gewerbebetriebe, die in Frage kommen, um den Markt auszuweiten und natürlich dem Klimawandel Einhalt zu gebieten.
Wir würden uns wünschen, dass noch mehr Bürokratieabbau umgesetzt wird. Dass Förderungen noch besser greifen, unter Umständen auch Steueranreize geschaffen werden, die mit dem Solarpaket II eventuell ja im Raum stehen. Dennoch sind wir zufrieden, dass sich etwas bewegt, zum Beispiel dass höhere Vergütungssätze eingeführt wurden. Alle diese Maßnahmen werden nicht über Nacht Ergebnisse zeigen. Das C&I-Segment funktioniert anders als das Eigenheimsegment: Es ist immer eine Geschäftsführung involviert, es steckt eine Planung dahinter und letztlich ist es eine finanzielle Entscheidung. Insofern wird sich über die Zeit zeigen, wie die Verbesserungen den Markt beeinflussen. Es könnte aber noch deutlich mehr getan werden, um den Markt auszuweiten.
Einen Anreiz für Gewerbe oder Industrie stellt natürlich immer eine erleichterte Finanzierung dar und ein insgesamt positives wirtschaftliches Umfeld, auch attraktive Einspeisevergütungen für Überschussstrom. Wir sehen in manchen Ländern wie Frankreich, dass solare Carport-Lösungen bei Großparkplätzen Pflicht werden – auch das ist eine kluge Lösung. Es gibt viele Möglichkeiten.
Dahin wird es wohl gehen müssen, erst recht bei öffentlichen Gebäuden. Diese sind dem Gewerbesegment zuzuordnen. Große, öffentliche Gebäude werden in der Regel noch nicht mit PV ausgestattet.
Es ist ein Thema, das derzeit am Anfang steht. Die Pflicht zur Berichterstattung kommt für mittlere und große Unternehmen in den nächsten Jahren. Sehr viele beschäftigen sich schon damit. Wir als IBC SOLAR werden in diesem Jahr für 2023 den ersten umfassenden ESRS (European Sustainability Reporting Standards)-Bericht vorlegen. In diesen Berichten beschäftigten sich Unternehmen mit Nachhaltigkeit und dies ist dann der Beginn der Datenerfassung.
Danach legen die Unternehmen eine Strategie vor, wie sie sich von Jahr zu Jahr verbessern möchten. Das wird erst der Trigger werden – denn einer der vielen Mechanismen ist es, PV-Anlagen zu installieren, um die jeweiligen Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Die große Welle, resultierend aus der Nachhaltigkeitsberichtserstattungspflicht und Taxonomieverordnung, wird sicherlich erst kommen. Dann könnten auch weitere Regularien hinzukommen, beispielsweise Steuernachteile, wenn man sich nicht in Richtung Klimaneutralität verbessert.
Die Planung im C&I-Segment ist komplex. Man muss sich erstmal den Strombedarf der Firma anschauen und genau analysieren, was das Beste ist. Zurzeit fallen viele Entscheidungen auf Eigenverbrauch, was sicherlich in finanzieller Hinsicht zumeist attraktiver ist als Volleinspeisung: Bei sechs bis zehn Cent pro Kilowattstunde Erzeugungskosten für Solarenergie im Gegensatz zu um die 30 Cent pro Kilowattstunde für Strom aus der Steckdose macht das Sinn.
Aber man braucht ein gutes Energiekonzept, um zu schauen, was das Richtige ist und ob z.B. ein Speicher hinzugefügt werden soll. Das kommt darauf an, wann der Strom verbraucht wird. Beispielsweise hat ein Einkaufszentrum tagsüber eine Verbrauchskurve im Einklang mit dem Erzeugungsprofil der PV. Wenn ich jedoch einen intensiven Nachtbetrieb im Unternehmen habe und mit PV Tagstrom erzeuge, muss ich sehen, ob ich ins Netz einspeise und wieder entnehme, oder über einen entsprechend großen Batteriespeicher meinen erneuerbaren Strom selbst verbrauche. Hier muss man das konkrete Unternehmen, um ein gutes Energiekonzept vorzulegen.
Mit zunehmender Digitalisierung aller Bereiche ist ein EMS (Energiemanagementsystem) integraler Bestandteil. In Zukunft wird es noch wichtiger – um Bedarfe zu verschieben. Denn es werden immer mehr Ladelösungen für E-Fahrzeuge, Batteriespeicher und Wärmeerzeuger bzw. Klimaanlagen in das Energiekonzept integriert werden müssen. Insofern werden EMS zentraler Bestandteil der Energiesteuerung und je klüger sie steuern, auch mit Künstlicher Intelligenz, desto mehr wird beim Strom- und CO2 -Verbrauch gespart.
Das Segment wird stark wachsen und dabei weniger Volatilität aufweisen als der Markt für Eigenheimanlagen, der beizeiten durch staatliche Trigger, die eingeführt und dann wieder zurückgenommen werden, schneller reagiert. C&I ist ein langsam reagierender Markt, aber dort gibt es eine große Zukunft. Wirtschaftlich lohnt sich eine C&I-Solaranlage ebenfalls, bei unseren Kunden amortisieren sich die Kosten typischerweise in 3 – 9 Jahren.