Intelligente Zähler, Smart City, grüner Wasserstoff. Versorger stecken mitten in einem Transformationsprozess vom klassischen Energiegeschäft hin zu einem nachhaltigen Angebot. Die Anforderungen werden insgesamt herausfordernder, Zusammenschlüsse können künftig helfen.
Erik Höhne, Vorstandssprecher sowie Vorstand Erzeugung, Finanzen, Handel und Vertrieb der ENERVIE Gruppe und Mark-E Aktiengesellschaft, berichtet im Interview, wie seine Unternehmensgruppe diese Anforderungen mit innovativen Ideen meistert, etwa indem es den Geschäftsbetrieb von zwei Stadtwerken gepachtet hat.
Herr Höhne, welche Herausforderungen bringt die Energiewende für die Mark-E Aktiengesellschaft, wenn künftig weniger Strom verkauft wird und sich Effizienz auch für Sie lohnen soll?
Im Grunde stehen wir so wie alle anderen Energieversorger vor denselben Herausforderungen. Wir müssen uns mit den Veränderungen der Energiewende und mit dynamischeren Energiemärkten auseinandersetzen. Zudem benötigen wir die besten Köpfe in unseren Unternehmen, was sich aufgrund des Fachkräftemangels nicht immer einfach gestaltet. Für die ENERVIE Gruppe, und damit auch für Mark-E, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere Windkraft und Photovoltaik – in unserem Kerngebiet Südwestfalen ein wesentlicher Baustein zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende. Bislang haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen hier einen zügigen Ausbau behindert. Dies ändert sich nun gegenwärtig hoffentlich. Auch glauben wir, dass wir durch den Ausbau der E-Mobilität das Bestandskundengeschäft stärken können und zudem neue Kundengruppen ansprechen werden.
Welche neuen Geschäftsmodelle hat Mark-E erschlossen beziehungsweise plant ihr Unternehmen in den nächsten Jahren voranzutreiben?
Es ist richtig, dass sich im Rahmen der Energiewende neue Geschäftsfelder für uns ergeben haben und ergeben werden. So haben wir zuletzt unsere Aktivitäten im Bereich der Energiedienstleistungen und der E-Mobilität ausgebaut und setzen zudem stärker auf die Erzeugung von Strom durch erneuerbare Energien. Zudem beschäftigen wir uns mit Projekten in den Themenfeldern Smart Meter, Smart City und Wasserstoff. Hier wollen wir unsere Angebote für Privat-, Gewerbe- und Industriekunden mittel- und langfristig weiter ausbauen.
Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Im Rahmen unserer Unternehmensstrategie nimmt das Geschäftsfeld „Digitalisierung“ eine zentrale Rolle ein. Als größter Energiedienstleister im südlichen Nordrhein-Westfalen haben wir beispielsweise über unsere Netzgesellschaft ENERVIE Vernetzt ein sogenanntes flächendeckendes LoRaWAN-Netz aufgebaut. Aktuell initiieren wir zusammen mit den Städten Hagen und Lüdenscheid, unseren größten Anteilseignern, zwei Förderprojekte. Zum einen mit der klimakommune.digital und zum anderen mit der Digitalisierung kommunaler Verkehrsüberwachung. Auch im Bereich des Vertriebs haben wir mit unserer Kunden-Service-App sowie mit der Digitalstrom-App die Digitalisierung weiter vorangetrieben.
Welche Bedeutung hat der Energiewende Award 2022 für das Unternehmen?
Eine sehr wichtige – der Energiewende Award belegt eindeutig, dass wir unsere nachhaltigen Angebote mittlerweile umfassend in die jeweiligen Produkt- und Dienstleistungsportfolios integriert haben. Wir sind somit im Transformationsprozess vom klassischen Energiegeschäft, hin zu einem nachhaltigen Angebot von erneuerbaren Energielösungen bereits ein gutes Stück vorangekommen.
Was hat der Jury besonders gefallen?
Wir sind in der Kategorie „Energieeffizienz“ ausgezeichnet worden. Ausschlaggebend für den Erfolg waren laut der Jury unser Engagement zur Umsetzung der Energiewende und die Aktivitäten hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit. Die Energiespartools auf unseren Internetseiten, das Angebot von Informationen zu aktuellen Gesetzen sowie zu öffentlichen Förderungen und Technologien können als sichtbarer Beleg unserer Ausrichtung gesehen werden. Auch mit der Energieberatung, beispielsweise in unseren Mark-E Foren, konnten wir hier überzeugen.
Kommen wir noch einmal kurz zurück zu Ihrer Digitalstrom-App. Die kann nicht nur den Stromverbrauch in Echtzeit anzeigen, sondern auch, wie viel einzelne Haushaltsgeräte verbrauchen. Wie funktioniert das?
Die Geräteerkennung basiert auf der Analyse des Stromverbrauchs in Form von sekündlichen Messwerten. Alle Geräte, die in einem Haushalt benutzt werden, haben eine spezifische Verbrauchskurve, welche sich je nach Gerät, Hersteller und Baujahr unterscheidet. Der Algorithmus erkennt diese spezifischen Verbrauchsmuster von größeren Verbrauchern im Laufe der Zeit und kann somit die Genauigkeit in der Darstellung erhöhen. Kundinnen und Kunden können sich übrigens auch im Vorfeld von den Vorteilen der Digitalstrom-App einen Eindruck verschaffen und zunächst den Demomodus nutzen. Hierzu laden sie zunächst einfach die App herunter und klicken auf „Demo anzeigen“.
Sie haben nun bereits einige Erfahrungen mit innovativen Produkte und dem Feedback Ihrer Kunden. Was raten sie anderen Stadtwerken, um sich erfolgreich für die Energiewende zu positionieren?
Generell glauben wir, dass die veränderte Situation auf den Energiemärkten die Energielandschaft zusätzlich zu den bekannten Treibern verändern wird. Ein „weiter so“ wird es nicht geben, denn die Anforderungen werden komplexer und die Herausforderungen vielfältiger. So steigt beispielsweise auch der Druck, Kooperationen zu schließen. Mark-E ist hier Vorreiter und hat bereits mit zwei Stadtwerken in unserer Region ein umfassendes Pachtmodell umgesetzt. Hierbei haben wir den Geschäftsbetrieb beider Stadtwerke für zunächst zehn Jahre gepachtet und unter anderem auch den Großteil der Mitarbeiter übernommen. Dieses Modell ist unseres Wissens bislang einzigartig in Deutschland.
Das klingt spannend! Welche Vorteile bringt Ihnen dieses Pachtmodell?
Wir sind überzeugt davon, dass wir sowohl im Netz- als auch im Vertriebsgeschäft Synergien heben können und somit beide Bereiche noch effizienter betreiben werden. Zudem passt die Übernahme der etwa 10.000 Kundinnen und Kunden der Stadtwerke Plettenberg und Werdohl gut in unsere Wachstumsstrategie.